Lesesplitter

Redaktion 14. Juni 2016

Angewidert von Gewalt

Theodor Fontane: Jenseits des Tweed – Der kaledonische Kanal

Überall dieselbe Geschichte von einem »Chief« oder Häuptling, der einen andern Chief zu Gaste geladen und ihm den Kopf eines Vaters oder Sohnes als Tafelverzierung auf den Tisch gestellt hat; überall eine Clanschlacht, ein Waten in Blut, bis endlich einmal die Erzählung voll rührender Gewalt oder eine ganz aparte Schreckensgeschichte den gewöhnlichen Schauerroman unterbricht. Es imponiert und prägt sich dem Gedächtnis ein, wenn ein Hochlandschief seinem englischen Gegner die Kehle abbeißt und hinterher versichert, nie einen bessern Bissen gehabt zu haben.

 

Holmes und Watson liegen auf der Lauer

Arthur Conan DoyleDer Schwarze Peter

Schweigend und auf alles gefaßt steckten wir unter den Büschen. Anfangs brachten uns die Schritte ver­einzelter Dorfbewohner und der Schall von Stimmen aus dem Oertchen ein wenig Zerstreuung. Allmählich blieben aber auch diese kleinen Unterbrechungen aus und es trat vollkommene Stille ein. Nur der Schlag der Turmuhr von der Kirche des Dörfchens verriet uns, daß die Zeit verging. Und durch das Blätterwerk, das uns bedachte, rieselte ein feiner Regen auf uns nie­der. Es hatte halb drei geschlagen, als wir vom Gar­tentor her einen scharfen Laut hörten. Es mußte je­mand die Türe zugeschlagen haben. Dann war länge­re Zeit wieder alles ruhig, sodaß ich schon fürchtete, es wäre ein trügerisches Geräusch gewesen. Da ver­nahmen wir auf der anderen Seite des Häuschens Fußtritte und kurz darauf ein metallisches Kratzen und Klingen. Der Mann versuchte das Schloß zu er­brechen! Diesmal war er geschickter oder sein Instru­ment besser, eine Feder schnappte ein, und die Tür knarrte. Es wurde ein Streichholz angezündet, und im nächsten Augenblick sahen wir ein stetes Licht im In­nern der Hütte. Durch den dünnen Vorhang konnten wir alles beobachten, was in der Kajüte vorging.

 

Eine nette Familie

Paul LindauDer Prozess Graef

So gewährt das Rothersche Haus zu Anfang der acht­ziger Jahre folgendes anmutige Bild. Der Vater, ein Säufer, ist an die Luft gesetzt und lebt mit einer gut­mütigen alten Frau von erschreckendem Aussehen. Die Mutter lebt mit einem dreizehn Jahre jüngeren Manne in ehebrecherischem Verhältnis, das nicht ein­mal vor ihren Kindern verborgen wird. Die zweite Tochter Anna ist entlaufen und verdient ihr Geld als Modell und Gott weiß was. Die älteste Tochter führt das lustige Leben von Damen, die der Sittenpolizei eben entronnen sind und immer in Gefahr schweben, aufs neue mit der gefürchteten Behörde in unliebsa­me Berührung zu kommen. Sie steht Modell und treibt sich in den Lokalen herum, die vorzugsweise von ih­resgleichen besucht werden. Die Jüngste, damals noch ein Kind, wird allmählich in derselben Schule zum Laster herangezogen.