Meister Johannes Wacht

Zu der Zeit, als die Leute in der schönen freundlichen Stadt Bamberg, um mit dem bekannten Sprichwort zu reden, gut, d.h. unter dem Krummstab wohnten, nämlich gegen das Ende des verflossenen Jahrhunderts, lebte daselbst ein Mann, der, dem Bürgerstande angehörend, in jeder Hinsicht selten und ausgezeichnet zu nennen. Er hieß Johannes Wacht und war seiner Profession nach ein Zimmermann. – Die Natur verfolgt, ihrer Kinder Schicksal erwägend und bestimmend, ihren eignen dunkeln, unerforschlichen Weg, und das, was Konvenienz, was im beengten Leben geltende Meinungen und Rücksichten als wahre Tendenz des Seins feststellen wollen, ist ihr nur das vorwitzige Spiel sich weise dünkender betörter Kinder. Aber der kurzsichtige Mensch findet oft in dem Widerspruch der Überzeugung seines Geistes . . . weiter lesen

Das steinerne Herz

Jedem Reisenden, der bei guter Tageszeit sich dem Städtchen G. von der südlichen Seite bis auf eine halbe Stunde Weges genähert, fällt der Landstraße rechts ein stattliches Landhaus in die Augen, welches mit seinen wunderlichen bunten Zinnen aus finsterm Gebüsch blickend, emporsteigt. Dieses Gebüsch umkränzte den weitläufigen Garten, der sich in weiter Strecke talabwärts hinzieht. Kommst du einmal, vielgeliebter Leser! des Weges, so scheue weder den kleinen Aufenthalt deiner Reise, noch das kleine Trinkgeld, das du etwa dem Gärtner geben dürftest, sondern steige fein aus dem Wagen, und laß dir Haus und Garten aufschließen, vorgebend, du hättest den verstorbenen Eigentümer des anmutigen Landsitzes, den Hofrat Reutlinger in G., recht gut gekannt. Im Grunde genommen kannst . . . weiter lesen

Die Bergwerke zu Falun

An einem heitern sonnenhellen Juliustage hatte sich alles Volk zu Göthaborg auf der Reede versammelt. Ein reicher Ostindienfahrer, glücklich heimgekehrt aus dem fernen Lande, lag im Klippahafen vor Anker und ließ die langen Wimpel, die schwedischen Flaggen, lustig hinauswehen in die azurblaue Luft, während hunderte von Fahrzeugen, Böten, Kähnen, vollgepfropft mit jubelnden Seeleuten, auf den spiegelblanken Wellen der Göthaelf hin und her schwammen und die Kanonen von Masthuggetorg ihre weithallenden Grüße hinüberdonnerten in das weite Meer. Die Herren von der ostindischen Kompanie wandelten am Hafen auf und ab und berechneten mit lächelnden Gesichtern den reichen Gewinn, der ihnen geworden, und hatten ihre Herzensfreude daran, wie ihr gewagtes Unternehmen nun mit jedem Jahr mehr . . . weiter lesen

Die Räuber

Abenteuer zweier Freunde auf einem Schlosse in Böhmen Zwei junge Leute, mögen sie Hartmann und Willibald genannt werden, hatte von Kindheit auf ein gleicher Sinn verbunden. Beide in Berlin hausend, pflegten, von jugendlicher Lebenslust beseelt, jedes Jahr wenigstens auf kurze Zeit dem drückenden Dienstgeschäfte, das sie belastete, zu entfliehen und gemeinschaftlich irgendeine Reise zu unternehmen. Wie es den Norddeutschen überhaupt eigen, sehnten sie sich stets nach dem Süden, und so hatten sie schon das südliche Teutschland in manchen Richtungen durchstrichen, die herrliche Rheinfahrt gemacht und die vorzüglichsten Städte gesehen. Dasmal war es ihnen aber gelungen, das Dienstjoch abzuschütteln auf längere Zeit als gewöhnlich, und nun sollte der Plan ausgeführt werden, mit dem . . . weiter lesen

Das öde Haus

Man war darüber einig, daß die wirklichen Erscheinungen im Leben oft viel wunderbarer sich gestalteten, als alles, was die regste Phantasie zu erfinden trachte. »Ich meine,« sprach Lelio, »daß die Geschichte davon hinlänglichen Beweis gibt und daß ebendeshalb die sogenannten historischen Romane, worin der Verfasser in seinem müßigen Gehirn bei ärmlichem Feuer ausgebrütete Kindereien den Taten der ewigen, im Universum waltenden Macht beizugesellen sich unterfängt, so abgeschmackt und widerlich sind.« »Es ist«, nahm Franz das Wort, »die tiefe Wahrheit der unerforschlichen Geheimnisse, von denen wir umgeben, welche uns mit einer Gewalt ergreift, an der wir den über uns herrschenden, uns selbst bedingenden Geist erkennen.« »Ach!« fuhr Lelio fort, »die Erkenntnis, von der . . . weiter lesen

Ignaz Denner

Vor alter, längst verfloßner Zeit lebte in einem wilden einsamen Forst des Fuldaischen Gebiets ein wackrer Jägersmann, Andres mit Namen. Er war sonst Leibjäger des Herrn Grafen Aloys von Vach gewesen, den er auf weiten Reisen durch das schöne Welschland begleitet und einmal, als sie auf den unsichern Wegen in dem Königreich Neapel von Straßenräubern angefallen wurden, durch seine Klugheit und Tapferkeit aus großer Lebensgefahr gerettet hatte. In dem Wirtshause zu Neapel, wo sie eingekehrt waren, befand sich ein armes, bildschönes Mädchen, die von dem Hauswirt, der sie als eine Waise aufgenommen, gar hart behandelt und zu den niedrigsten Arbeiten in Hof und Küche gebraucht wurde. Andres suchte sie, so gut er sich ihr verständlich machen konnte, mit trostreichen Worten aufzurichten, . . . weiter lesen