Das Glück von Roaring Camp

Im Roaring Camp war große Aufregung. Eine Prügelei konnte die Ursache nicht sein; denn im Jahre 1850 war so etwas nicht neu genug, um die ganze Ansiedlung auf die Beine zu bringen. Nicht bloß die Gräben und Goldwäschereien waren verlassen, sondern auch Tuttles Schankwirtschaft hatte ihre Spielteufel beigesteuert, die, wie man sich erinnern wird, ruhig ihr Spiel fortsetzten an dem Tage, da French Pete und Kanaka Joe sich über den Schenktisch im Vorderzimmer gegenseitig eine Kugel durch den Kopf jagten. Das ganze Lager war vor einer rohen Hütte am äußersten Saume der Rodung versammelt. Man unterhielt sich in leisem Tone; aber der Name eines Frauenzimmers ward häufig genannt. Es war ein im Lager genugsam bekannter Name – »Cherokesen-Sally«. Je weniger wir von ihr sagen, desto . . . weiter lesen

Die Verstoßenen von Poker Flat

Als Herr John Oakhurst, Spieler vom Fach, am Morgen des 23. November 1850 in die Hauptstraße von Poker-Flat hinaustrat, gewann er die Überzeugung, daß sich seit dem vorhergehenden Abend in der moralischen Atmosphäre dieses Ortes eine Änderung vollzogen hatte. Zwei oder drei Männer, die in einem ernsthaften Gespräch miteinan- der begriffen waren, verstummten bei seiner Annäherung und wechselten vielsagende Blicke. Es lag eine sabbatische Ruhe in der Luft, und das war in einer Kolonie, in der man an sabbatische Einflüsse nicht gewöhnt war, ein unheilverkündendes Zeichen. Herrn Oakhursts ruhiges, hübsches Gesicht verriet wenig Besorgnis über diese Anzei­chen. Ob er eine Ahnung von der Ursache hatte, ist eine andere Frage. Ich vermute, sagte er sich, daß sie hinter jemand her . . . weiter lesen

Wan-Li der Heide

Als ich Hop Sings Brief öffnete, flatterte ein viereckiger Streifen gelben Papiers daraus zu Boden, das mit Hierogly­phen bedeckt war, die ich in meiner Unschuld auf den ersten Blick für die Etikette eines Päckchens mit chinesischen Knallerbsen hielt. Aber dasselbe Kuvert enthielt noch einen kleineren Streifen Reispapier, versehen mit zwei in chinesischer Tusche ausgeführten Lettern, an denen ich sofort erkannte, daß es Hop Sings Visitenkarte war. Das Ganze, wörtlich übersetzt, bedeutete: »Dem Fremden sind die Pforten meines Hauses nicht verschlossen. Der Reiskrug befindet sich zur Linken und das Konfekt zur Rechten des Eingangs. Zwei Sprüche des Meisters: Gastfreundschaft ist die Tugend des Sohnes und die Weisheit des Ahnen. Der höherstehende Mann ist nach der Ernte leichten . . . weiter lesen

Der Narr von Fünfgabel

Er lebte einsam für sich. Ich glaube nicht, daß diese Eigentümlichkeit dem Wunsche entsprang, sich mit seiner Narrheit den übrigen Bewohnern des Lagers möglichst fernzuhalten; auch ist es nicht wahrscheinlich, daß die vereinte Weisheit von Fünfgabel imstande gewesen wäre, ihn in die Verbannung zu treiben. Ich habe vielmehr den Ein­druck, daß er dieses zurückgezogene Leben ganz aus freier Wahl führte – einer Wahl, längst getroffen, ehe das Lager sich erlaubte, an seinen geistigen Fähigkeiten Kritik zu üben. Er hatte einen großen Hang zu schwermütiger Schweigsamkeit, und ungeachtet seiner kräftigen äußern Erscheinung hörte man ihn stets über seine schlechte Gesundheit klagen. Bekannte erklärten sich seine Vereinsamung daraus, daß diese ihm bessere Ge­legenheit bot, . . . weiter lesen

Brown von Calaveras

Der gedämpfte Ton der Unterhaltung und das Fehlen von Zigarrenrauch und Stiefelab­sätzen an den Fenstern der Wingdamer Postkutsche ließen darauf schließen, daß sich unter den Passagieren im Innern eine Frau befand; und der Eifer, mit dem die Stations­bummler auf den Haltestellen sich vor den Fenstern versammelten, sowie eine gewisse Besorgnis hinsichtlich des Aussehens ihrer Röcke, Hüte und Vatermörder deuteten fer­ner darauf hin, daß die Dame schön war. Alle diese Beobachtungen machte Herr Jack Hamlin von der Höhe seines Bocksitzes aus mit dem Lächeln eines zynischen Philoso­phen. Nicht daß er das schöne Geschlecht verachtete, aber er hatte in ihm ein trügerisches Element erkannt, dessen Kultus die Menschheit zuweilen ablenkte von den ebenso unbeständigen Freuden des Spiels, . . . weiter lesen

Einsame Fahrt

Als ich in die Slumgullioner Postkutsche stieg, sah ich, daß die Nacht dunkel, die Straße einsam und ich der einzige Passagier war. Der Leser gestatte mir, ihn zu versichern, daß ich mit dieser Bemerkung keinen geheimnisvollen Nebenzweck verfolge. Ein langer Kursus in leichter Lektüre hat mir die Augen darüber geöffnet, was von einem solchen Anfang zu erwarten ist. Der Erzähler, der durch solch aufregende Einleitungen vorsätzlich das Schicksal versucht, der den erwartungsvollen Leser ahnen läßt, er schwebe in Gefahr, geplündert oder halb totgeschlagen oder von einem durchgegangenen Tollhäusler erschreckt oder seinem Feinsliebchen zum erstenmal vorgestellt zu werden - der verdient, daß man ihn anzeigt. Es ist eine wahre Genugtuung . . . weiter lesen